Das Jubiläumskonzert des Landespolizeiorchesters Baden-Württemberg eröffnet nicht mit einem Paukenschlag, sondern gleich mit einem ganzen Paukenwirbel. Im wahrsten Sinne des Wortes. „Freunde, das Leben ist lebenswert“: Das Werk des Komponisten Franz Lehar wird druckvoll, gewaltig und mächtig in den ausverkauften Reinhold-Würth-Saal hineingetragen. Die über 40 Mitglieder des Orchesters lassen das Stück aus der Operette Giuditta von Beginn an mit großer Intensität zur nachdrücklichen, kraftvoll intonierten Prophezeiung werden. Eine fulminante Klangfülle, die von Tenor Michael Pflumm sehr stimmgewaltig mit einer emotionalen Intensität gekrönt wird. Vom ersten Moment an eine brillante Aufführung, die schon nach wenigen Minuten für Gänsehauteffekt sorgt…
„Sakral anmutende barocke Tanzmusik“ kündigt Stefan R. Halder, unter dessen Leitung das Orchester spielt, „Terpsichore“ von Bob Margolis an. „Mit einer echten Blockflöte“. Und Tanzen sei dabei erlaubt. Was so salopp angekündigt ist, erweist sich in der virtuosen Darbietung des Orchesters als ein echtes Meisterwerk. In symphonischer Farbenpracht drei Sätze der kontrastreichen Barockmusik, die mit modernen Elementen der Blasmusik korrespondiert. Tosender Applaus des Publikums schon nach dem zweiten Programmpunkt.
Höhepunkt des knapp zweieinhalbstündigen Auftritts ist das „Konzert für Violoncello und Blasorchester“ von Friedrich Gulda. Ein Werk, das entzweit wie kaum ein anderes und das Stefan R. Halder bei seiner Anmoderation als den Anstoß für den Namen des Programms angibt: „Neue Horizonte“. Sämtliche Musikstile werden wild gemischt und auch noch auf dem Cello gespielt. „Das war damals eine echte Revolution. Ein Cello-Konzert, das es so nur einmal gibt.“ Es ist der große Auftritt der Cellistin Sonja Lena Schmid. Das Cello eröffnet mit einer funkigen Melodie, die wie improvisiert über dem groovigen Rhythmus von Schlagzeug, Kontrabass und E-Gitarre liegt, bevor es abrupt in eine alpenländische Melodie springt. Über einen idyllischen Ländler geht es zu Jazzharmonien, die mit klassischen Elementen zu einem faszinierenden Klanggewebe verschmelzen. Die folgende lange und virtuose Cellokadenz ist das Herzstück des Werkes. Sie beginnt voll Ruhe und Innigkeit, aber kurz darauf rast Sonja Lena Schmid auf ihrem Cello wie entfesselt auf und ab. Sie verblüfft durch ihr exzellentes Spiel, brilliert mit einfühlsamer Expressivität, spielt wie aus einer anderen Welt. Langanhaltende Ovationen schon zur Pause.
Neben „Dein ist mein ganzes Herz“ und „I am what I am“ stehen die „Sinfonischen Tänze“ von Leonard Bernstein aus der „West Side Story“ im Mittelpunkt der zweiten Konzerthälfte. Wenn Tenor Michael Pflumm, der als Tony auch ins Publikum geht, und Sonja Lena Schmid, die den Gesangspart der Maria auf ihrem Cello spielt, ihren gemeinsamen Auftritt haben, kann man das getrost als einmalig beschreiben. Das Orchester verabschiedet sich mit „Feeling good“ unter den Ovationen des stehenden Publikums…
Wenn es den siebten Himmel musikalisch nicht schon gäbe, wäre er gerade erfunden worden.
Quelle: Hohenloher Zeitung vom 01.02.2024